
#2 – India Monsooned Malabar: Auswirkungen der Röstzeit und Energiezufuhr auf den Geschmack
Nach der ersten Röstung war klar, dass man mit diesen Ergebnissen keinen Experten überzeugen kann. Der Prozess des Röstens ist zu komplex, um sich rein auf ein Gefühl (das wir zu der Zeit auch noch gar nicht hatten) zu verlassen. Anhand der Röstung des India Monsooned Malabar werden wir euch versuchen näher zu bringen, was die Röstzeit und Heizleistung für einen enromen Einfluss haben. Um das besser veranschaulichen zu können, haben wir zuerst alle Umbaumaßnahmen an der Heissluftfritteuse vorgenommen, sodass wir in der Lage waren, alle Ergebnisse in Form von Röstprofilen dokumentieren zu können. Wir haben dazu, wie im Artikel über den Umbau des Rösters beschrieben, unsere Heissluftfritteuse an die Software Artisan angebunden.
Der erste Versuch
Nachdem der Umbau soweit vollzogen war, hatten wir nun erstmal zwei Temperatursensoren, welche die Umgebungstemperatur und die Bohnentemperatur messen konnten. Die Steuerung des Heizelements war noch nicht abgeschlossen, aber wir wollten erstmal ein Profil aufzeichnen, sodass wir einen ersten Anhaltspunkt bekommen, wo wir stehen und was dringend angepasst werden muss. Das folgende Profil zeigt die Röstung von 333 Gramm India Monsooned Malabar Rohkaffee.

Auswertung
Auf den ersten Blick kann man sagen, dass das Profil grundsätzlich nicht verkehrt aussieht. Ab dem Temperaturwendepunkt haben wir einen stetigen Anstieg der Bohnentemperatur, sowie eine fallende Rate-of-Rise Kurve. Wer mehr über die Kenngröße Rate-Of-Rise lesen möchte, kann das hier nachlesen. Hier werde ich nicht weiter darauf eingehen. Allerdings fällt beim genaueren Hinschauen auf, dass die Röstzeit mit über 20 Minuten sehr in die Länge gezogen ist und wir nicht genug Energie in die Bohnen bekommen haben. Der First-Crack kam sehr spät und zaghaft, sodass er kaum wahrnehmbar war. Was wir dadurch produziert haben, ist ein noch trinkbarer Kaffee, welcher allerdings sehr eindimensional und flach daherkommt. Durch die fehlende Energie und die zu lange Röstzeit haben wir es erfolgreich geschafft, dem Kaffee jeglichen Charakter zu nehmen.
Der zweite Versuch
Der erste Versuch hat uns verdeutlicht, dass wir grundsätzlich auf dem richtigen Weg sind aber dringend die volle Kontrolle über das Heizelement bekommen müssen. Zu dieser Zeit wurde die Heizlampe noch vom Gerät gesteuert und je nach Temperatur im Röster immer wieder ein- und ausgeschaltet. Einen Tag später war auch der Umbau der Heizsteuerung vollzogen und die Erwartungen waren riesig an die kommende Röstung. Wir haben die selbe Menge von 333 Gramm Rohkaffee des India Monsooned Malabar verwendet und die Röstung gestartet. Sehr angespannt saßen wir vor dem Röster mit dem Händen am Drehregler für die Heizleistung. Nachfolgend seht ihr erstmal das Ergebnis.

Auswertung
Wie im ersten Röstprofil auch, sieht es hier auf den ersten Blick nicht verkehrt aus. Der Unterschied liegt im zweiten Blick. Im Detail kann man gut erkennen, dass sich die Röstzeit deutlich verkürzt hat. Die Temperatur steigt deutlich schneller und die Rate-of-Rise Kurve fällt trotzdem stetig leicht ab. Der First-Crack startete zudem ein kleines Feuerwerk in der Fritteuse, was vorher absolut unmöglich war. Die Regulierung der Heizleistung war allerdings ein mühsames Unterfangen, welches viel Feingefühl erfordert hatte (Deswegen war das nicht meine, sondern Justines Aufgabe).
Das Ergebnis sah sehr vielverpsrechend aus und wurde erstmal sicher verstaut, sodass der Kaffee reifen konnte. 10 Tage nach der Röstung haben wir ihn dann in den Kaffeevollautomaten gefüllt und waren erstmal begeistert, wie viel mehr Körper und Komplexität der Kaffee entwickelt hat. Es war kein Vergleich zum ersten Versuch, der sehr langweilig daher kam.
Wir haben uns gefreut wie kleine Kinder und deutlich sehen können, wie viel Einfluss der Ablauf des Röstprozesses auf das Endergebnis hat. Kaffeerösten ist nun mal ein Handwerk, welches sehr viel Erfahrung und Hingabe benötigt und nicht nur von den Endtemperaturen abhängt. Mit den neuen Erfahrungen werden wir weiter an der Verbesserung unserer Prozesse arbeiten.
Ausblick
Im Moment arbeiten wir noch an der digitalen Steuerung für unseren Dimmer, sodass wir die Heizleistung in Artisan steuern und aufzeichen können. Damit erhalten wir eine detailliertere Vorlage bzw. Anhaltspunkte für zukünftige Röstungen. Das wird auch noch ein sehr wichtiger Schritt, um reproduzierbare Ergebnisse schaffen zu können. Dieses Ergebnis werden noch zusammen mit Thomas Dietrich in seiner Kaffeerösterei verkosten, um zu schauen, was ein Röstmeister zu diesem Ergebnis sagt.
Wir werden euch auch darüber berichten, freut euch schon mal drauf!
