Das Röstprofil und die wichtige Kenngröße „Rate-of-Rise“
Um die rohen Kaffeebohnen in leckeren und aromatischen Kaffee zu verwandeln, gibt es Einiges beim Rösten zu beachten. Auch die teuersten und besten Kaffeebohnen der Welt können durch Unwissen oder eine unpassende Röstung langweilig oder sogar ungenießbar werden. Aber gerade darum ist das Rösten nicht nur ein Handwerk, sondern mehr eine Kunstform.
Da der Röstvorgang ein sehr zeit- und temperatursensibler Prozess ist, empfiehlt es sich diesen mit Hilfe von Sensoren und einer entsprechenden Software zu überwachen. Wir haben unseren Röster mit zwei Temperatursensoren ausgestattet, wobei einer die Umgebungstemperatur im unteren Bereich der Fritteuse und der andere die Bohnentemperatur direkt in der Rösttrommel misst. Diese Werte werden über die Software Artisan aufgezeichnet und in einem Diagramm dargestellt. Genau dieses Ergebnis ist das Röstprofil eines Kaffess, in welchem die wichtigsten Verläufe und Ereignisse dargestellt werden. Bei dem folgenden Profil handelt es sich um die erste Röstung des India Monsooned Malabar.
Das Röstprofil im Detail

Die rote Kurve der Environment Temperature (ET) ist die Umgebungstemperatur, die in unserer Heißluftfritteuse vorherrscht.
Die blaue Kurve, in Form eines Hakens, der Bean Temperature (BT) zeigt die Bohenentemperatur in der Rösttrommel während des Röstprozesses.
Am tiefsten Punkt der BT Kurve ist eine Markierung eingezeichnet. Das ist der Turning Point (TP). Der Temperaturwendepunkt gibt an, ab welchem Zeitpunkt und bei welcher Temperatur die Bohnen nach dem Einfüllen das erste mal wieder an Tempertur zulegen. Direkt nach dem Einfüllen ist es normal, dass die Temperatur deutlich abfällt, da die Bohnen mit Zimmertemperatur in die vorgeheizte Trommel eingefüllt werden.
Die Rate-of-Rise
Neben den Temperaturen gibt es im Röstprozess eine sehr wichtige Kenngröße, die Rate-of-Rise (RoR). Diese beschreibt, um wie viel Grad sich die Bohnen in einem Zeitintervall von z.B. 15, 30 oder 60 Sekunden erwärmen. Wir betrachten eine RoR mit einer Intervallgröße (diese dient der Glättung der Kurve) von 30 Sekunden, um ein besseres Verständnis für die einzelne Röstung zu erhalten und können daraus ableiten, wie die Brennerleistung oder der Ventilator reguliert werden muss. Im Diagramm wird diese Größe in der Enheit °C/min dargestellt.
Nachdem die Bohnen eingefüllt werden, fällt die Bohnentemperatur im Röster, wie erwähnt, bis zum Temperaturwendepunkt erstmal ab. Ab dem Temperaturwendepunkt beginnt die RoR sich in den positiven Bereich zu bewegen und steigt in der Anfangszeit stark an, bis sie ihr Maximum erreicht. Ab diesem Zeitpunkt sollte die Kurve, so wie in dem Bild als ΔBT dargestellt, stetig abfallen. Dabei sind einzelne kleine Spitzen völlig ok und auch das sogenannte Aufbäumen des Kaffees im Bereich vor dem First-Crack ist manchmal nicht vollständig verhinderbar. Aber grundsätzlich sollte die RoR bei fortschreitender Zeit stetig sinken. Grob kann man sagen, dass der Verlauf der RoR im ersten Teil, bis ca. 150 – 160°C, ohne Eingreifen in die Brennerleistung automatisch abläuft. Das sind zumindest unsere bisherigen Erfahrungen.
Ab diesem Zeitpunkt muss man sehr genau auf den Verlauf achten und die Brennerleistung Stück für Stück herunterregulieren, sodass die Röstung zum Ende hin schön auslaufen kann und alle Aromen und Geschmäcker im Kaffee ausgebaut werden können. Jedoch darf die Bohnentemperatur niemals stagnieren und muss stetig weiter ansteigen.
Die Phasen einer Röstung
Aber neben diesen Kenngrößen ist das Röstprofil in verschiedene Phasen eingeteilt. Das seht ihr in folgendem Beispiel, der zweiten Röstung des India Monsooned Malabars.

Die drei Phasen sind im oberen Teil des Röstprofils als eingefärbtes Balkendiagramm dargestellt.
Trocknung
Der grüne Bereich kennzeichnet die Trocknungsphase des Kaffees. Hier führt die Hitzezufuhr zum einen dazu, dass sich die Bohnen erwärmen, aber auch dazu, dass die Feuchtigkeit aus den Bohnen austritt. Diese Phase kann zwischen 4 und 8 Minuten in Anspruch nehmen. Dabei verlieren die Bohnen im Normalfall zwischen 8 bis 12% an Feuchtigkeit und nehmen Energie in Form von Wärme auf.
Bräunung
Auch in der nachfolgenden gelben Phase nehmen die Bohnen Energie auf und die Maillard-Reaktion beginnt. Deshalb wird dieser Abschnitt auch Maillard-Phase oder Bräunungsphase genannt. Hierbei wird der Zucker in den Bohnen aufgespalten und reduziert, aber auch die enthaltenen Aminosäuren aufgespalten und neuangeordnet. Diese Reaktion ist für die Entwicklung der unterschiedlichen Aromen verantwortlich und die Ausprägung der typischen Farbe des Kaffees. Während dessen ist eine Rauchentwicklung im Röster zu erkennen und der für eine Röstung typische Geruch von Toast oder gebackenem Brot verbreitet sich. Der Übergang zur nächsten Phase ist der Start des First-Cracks.
Durch die vorherigen Phasen sind die Bohnen Energie geladen und stark aufgebläht. Hier schlägt die bisher endotherm verlaufene Reaktion in eine exotherme Reaktion um und die Bohnen platzen förmlich, was als Knacken im Röster wahrzunehmen ist. Daher auch der Name First-Crack.
Entwicklung
Ab jetzt beginnt die Entwicklungs- oder auch Röstphase. Dabei entwickeln sich die einzelnen Aromen des Kaffees je nach Verlauf der ΔBT. Wenn man diese Kurve nicht langsam auslaufen lassen würde, dann kann es schnell zu einem Kaffee kommen, der stark verbrannt schmeckt. Andererseits kann ein zu tiefer Abfall auch dazu führen, dass dem Kaffee jegliche Energie und der volle Facettenreichtum im Geschmack fehlt. Die typische Länge der Entwicklungszeit ist röstspezifisch und hängt von den gewünschten Aromen und späteren Zubereitungsarten ab. Grundsätzlich pegelt es sich aber auf einen Bereich von 12 bis 25% ein.
Zusätzliche Aspekte
Weiterhin braucht man ein Verständnis darüber, wie sich die Stärke des Ventilators, also die Luftzirkulation, und die Regulierung der Heizleistung auf die einzelnen Temperaturkurven und Dauer der Phasen auswirkt. Aber aus eigener Erfahrung können wir auch sagen, dass man als Röstanfänger tendenziell eher zu viel als zu wenig regulieren möchte. Man muss über die Zeit erst ein Gefühl dafür entwickeln, welche Verläufe und Zeitabschnitte vollkommen normal sind und wann man wirklich wie eingreifen muss.
Die Anfertigung eines perfekten Röstprofils muss immer an den jeweiligen Kaffee, die Einfüllmenge und den Röster angepasst werden und kann sehr viel Zeit und allerhand Versuche in Anspruch nehmen. Wenn man sich einmal die Mühe gemacht hat, hat man eine schöne Vorlage für zukünftige Röstungen dieses Kaffees. Ein passendes Röstprofil ist die Basis für reproduzierbare Ergebnisse und eigentlich unerlässlich. Schließlich können 30 Sekunden mehr oder weniger im gesamten Röstprozess bei ansonsten gleichen Bedinungen und gleichem Verlauf den Geschmack schon deutlich beeinflussen.
Weitere Informationen findet ihr dazu in unserem Artikel über die Zeit und Energiezufuhr und die Auswirkungen auf den Geschmack.


2 Comments
Marlis Thielemann
wir lassen uns überraschen, wie die Kaffeeröstung schmeckt.
Justine Thielemann
Ich denke, wir schaffen es noch vor Weihnachten auf eine gemeinsame Tasse Kaffee vorbei zu kommen 🙂