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#3 – Ethiopia Sidamo BIO: Der RoR-Crash und gebackener Kaffee

Im Gegensatz zur letzten Röstung (#2 – India Monsooned Malabar) haben wir es endlich geschafft, eine digitale Steuerung für das Heizelement umzusetzen. Daher gibt es im Röstprofil nun eine neue rote Kurve, die Brennerleistung. Diese gibt an wieviel Prozent der maximalen Leistung von 1200 Watt gerade verwendet werden. Das war ein wichtiger Schritt in Richtung der Reproduzierbarkeit. Wir können dadurch die Röstung noch genauer dokumentieren.

Wie üblich päsentieren wir euch erstmal das entstandene Röstprofil, damit ihr einen groben Überblick über die Röstung erhaltet. Eventuell fallen euch direkt einige Besonderheiten oder Unregelmäßigkeiten auf, die wir in den letzten Artikeln thematisiert haben.

Auswertung

Wenn man das Profil genauer anschaut, erkennt man, dass die Kurve der Bohnentemperatur bis zum First-Crack einen schönen Verlauf hat. Wir haben es zügig geschafft die Bohnen auf Temperatur zu bringen. Auch in der Maillard-Phase haben wir noch einen ordentlichen Anstieg. Schaut man sich allerdings die Rate-of-Rise (RoR) Kurve genauer an, sieht man absolut keinen schönen Verlauf. Wie in den vorigen Beiträgen dargestellt, sollte die RoR-Kurve stetig leicht abfallen. Wenn wir die Kurve im Bereich nach ihrem Maximum anschauen, sehen wir eine Art Plateau-Phase mit anschließendem schnellen Abfall, die sich im späteren Verlauf noch ausgedehnter wiederholt. Diese Plateaus sind jetzt nicht direkt das größte Problem, machen aber einen schönen Verlauf der Kurve beinahe unmöglich. Da wir am Ende der Röstung einen gewissen Zielwert mit der RoR erreichen möchten, muss die Kurve auf jeden Fall abfallen. Allerdings sollte dies sehr gleichmäßig passieren und nicht so abrupt. Daher ist der steile Abfall der Kurve vorallem zum Ende der Röstung als sehr kritisch anzusehen und definitiv ein Fehler bei der Röstung.

Der Rate-of-Rise „Crash“

Wir haben bisher sehr viel über die Rate-of-Rise und ihre Auswirkungen auf den Geschmack der Röstung gelesen. Für uns ist neben Thomas Dietrich auch Scott Rao (scottrao.com) eine wichtige Informationsquelle. Scott Rao ist ein amerikanischer Kaffee-Experte, der das Thema Rate-of-Rise genauer beleuchtet und die Auswirkungen auf den Geschmack von Kaffee erklärt. Wer deutlich mehr darüber wissen möchte, kann Einiges auf der Seite von Scott Rao nachlesen. (z.B. in diesem Beitrag)

Zurück zum Crash der Rate-of-Rise. Dieser bezeichnet den abrupten Abfall der Rate-of-Rise Kurve im Verlauf einer Röstung. Meistens kommt es zu diesem Phänomen im Bereich um den First-Crack. Bis dahin verläuft die Reaktion durchweg endotherm ab, d.h. die Bohnen nehmen die Energie auf, bis der Druck zu hoch wird und sie platzen. Ab diesem Zeitpunkt, also genau dem First-Crack, schlägt die Reaktion um und die aufgestaute Energie wird freigesetzt. Ebenso setzen die platzenden Bohnen ihre enthaltene Feuchtigkeit frei. Es wird angenommen, dass diese austretende Feuchtigkeit sich um die heißen Bohnen legt und diese damit abkühlt. Das wäre zumindest eine Erklärung für den schnellen Abfall der Rate-of-Rise, dem Crash.

Die Auswirkung – „gebackener Kaffee“

Geschmacklich ist ein solcher Crash dafür verantwortlich, dass der Kaffee eher langweilig und flach im Geschmack bleibt und die Süße sich nicht so schön entwickelt. Der Kaffee wird dadurch zwar nicht ungenießbar, wenn man allerdings mal einen Kaffee mit RoR-Crash im direkten Vergleich zu einem ohne diesen Crash getrunken hat, kann man das Phänomen des „gebackenen Kaffees“ gut nachvollziehen. Spätestens dann wird man anfangen hart daran zu arbeiten, diesen Crash zu vermeiden. Der RoR-Crash ist ein super Beispiel dafür, wie temperatur- und zeitkritisch eine Röstung ist und was kleine Fehler in der Röstung für große Auswirkungen auf den Geschmack haben können. Die Qualität der Röstungen wird sich auf jeden Fall verbessern, wenn man die Röstung sicher durch den First-Crack führt.

Ausblick

Die Erfahrungen haben uns gezeigt, dass die Zeit um den First-Crack ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Erfahrung benötigt. Hier entscheidet sich die Qualität der Röstung maßgeblich. Man muss lernen die Röstung gut durch den First-Crack zu führen und diesen Abfall durch entsprechende Gegenmaßnahmen zu verhindern.

Eine grobe Empfehlung von Scott Rao lautet unter anderem, die Brennerleistung im Bereich von ca. 45 Sekunden vor dem First-Crack bis ca. 45 Sekunden danach nicht zu reduzieren. Ebenso kann es hilfreich sein die Ventilation bis zu diesem Zeitpunkt vor dem First-Crack schrittweise zu erhöhen, damit die entstehende Feuchtigkeit von den Bohnen abtransportiert wird und der kühlende Effekt nicht so stark ins Gewicht fällt.

Wir werden das versuchen in den nächsten Röstungen umzusetzen und darüber berichten, ob wir Erfolg haben oder nicht. Seid gespannt, was als nächstes kommt!

One Comment

  • Erhard

    Sehr löbliches und ehrliches Unterfangen. Als Hobbyöster habe ich aus diversen Gründen auch bei Fausto gekauft:
    Die Profile kann ich natürliche nicht 1 zu 1 übernehmen, aber sehr gut aus den Erfahrungen und Profillen lernen und ablesen. Bin erst am Anfang mit dem Durchschauen, und freue mich auf weitere AHA-Erlebnisse.

    Erhard aus der Steiermark

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