
#12 – Äthiopien Guji Natural: Low and Slow
Die Röstung #12 des Guji Natural aus Äthiopien ist für uns eine Premiere. Bisher haben wir uns fast ausschließlich mit dem Rösten von gewaschenen Arabica Kaffees befasst. Der Guji Kaffee ist somit der erste natürlich aufbereitete Kaffee, der uns in die Trommel kommt. Klingt erstmal nicht sonderlich spannend, ist aber für uns durchaus aufregend, da diese Kaffees eine andere Art von Röstung benötigen und wir noch keine Erfahrungen damit in der Fritteuse gesammelt haben. Wer zuerst noch etwas für die verschiedenen Aufbereitungsarten erfahren möchte, kann das in diesem Beitrag nachholen.
Theorie
Laptop anschalten, Suchmaschine öffnen und los geht’s. Zum Glück gibt es im Internet tolle Artikel, die die Theorie und das nötige Hintergrund Wissen zum Rösten von natürlich aufbereiteten Kaffee gut beschreiben. Von daher heißt es erstmal lesen. Als Grundlage dienten uns die Artikel von Perfect Daily Grind – How to Roast Natural & Honey Processed Coffee, Sweet Maria’s – Roasting Dry Processed Coffees und natürlich das Buch der Bücher von Scott Rao – Coffee Roasting Best Practices.
Aus all diesen Quellen haben wir uns die wichtigen Aspekte herausgesucht und geschaut, wie wir diese auf die Fritteuse übertragen können. Das erste Mal sollte ja nicht direkt in einer Katastrophe enden!
Unsere Änderungen
Also, dann schauen wir uns erstmal an, was wir für unsere Röstung angepasst haben:
- Einwurf-Temperatur (Charge Temperature): Die Einwurf-Temperatur haben wir erstmal um 10 Grad Celsius verringert und damit bei 190 Grad Celsius eingeworfen. Natürlich aufbereitete Kaffees vertragen oft nicht ganz so viel Hitze zu Beginn und neigen dazu schneller zu verbrennen.
- Initiale Brennerleistung: Die Brennerleistung haben wir zu Beginn direkt auf 60% reduziert, um Tipping oder Scorching zu verhindern (also das Verbrennen der Bohnen durch zu hohe Temperaturen). Erst nach dem TP (Turning Point) haben wir die Brennerleistung hochgefahren.
- Rate-of-Rise: Die RoR-Werte haben wir zu Beginn etwas niedriger gehalten als sonst und geschaut, dass wir eine flachere und langsamer abfallende Kurve erhalten. Damit ziehen wir die gesamte Röstung etwas in die Länge.
- Maillard-Phase: Durch den Kurven Verlauf steigt die Temperatur in der Maillard Phase etwas langsamer und die Bohnen erhalten hier etwas mehr Zeit. D.h. es bleibt mehr Zeit für die Reaktionen in der Bohne und die Aromatik, sowie der Körper können sich besser entwickeln.
- Entwicklungszeit: Durch den insgesamt etwas langsameren Verlauf der Röstung, bekommen wir einen „sanfteren“ First-Crack und etwas mehr Zeit für die Karamellisierung der Zuckerstoffe im Kaffee. Der Kaffee bekommt im besten Fall einen schönen Körper und behält seine natürliche Süße.
So viel also erstmal zur Theorie und den Änderungen, für die wir uns entschieden haben. Ob alles so geklappt hat und das Ergebnis wie gewünscht ausgefallen ist, werden wir später noch aufklären. Hier erstmal das entstandene Röstprofil.
Das Röstprofil

Im Röstprofil ist deutlich zu erkennen, dass die RoR-Kurve insgesamt flacher verläuft und die Röstzeit dadurch länger ist als sonst. In 14 Minuten rösten wir im Normalfall unsere Espressos. Dies verdeutlicht also den Einfluss der Änderungen auf unsere Röstung ziemlich gut. Ansonsten ist das Röstprofil nicht sehr auffällig und es sind auch keine größeren oder gravierenden Fehler zu erkennen (aus unserer Sicht zumindest). Einziges Manko: Die Rate-of-Rise ist etwas zu schnell abgefallen und wir sind dadurch mit etwas zu wenig Energie in den First-Crack gestartet. Dafür haben wir aber keinen RoR-Crash erfahren und konnten die Röstung sehr kontrolliert zu Ende bringen. Als negativer Effekt ergibt sich daraus, dass die Röstung circa 2 Minuten zu lang gedauert hat. Wir hätten uns eher eine Gesamtdauer von 11 bis 12 Minuten gewünscht. Aber für den ersten Versuch ist das immer noch in Ordnung.
Das Röstprofil hat uns aber grundsätzlich erstmal positiv gestimmt und die Erwartungen waren doch sehr hoch.
Das Ergebnis
Ursprünglich hatten wir den Plan, unser Ergebnis diesmal professionell verkosten zu lassen. Aus zeitlichen Gründen hat das leider nicht geklappt, daher haben wir es selbst übernommen.
Den Kaffee haben zur Verkostung im Hario V60 Handfilter bei 93 Grad Celsius aufgebrüht. Dabei haben wir 21 Gramm Kaffeemehl und 300 ml Wasser verwendet. Schon der Duft beim Aufmahlen des Kaffees war grandios. Eine Vielfalt unterschiedlicher Aromen haben den Raum erfüllt. Tasslich lässt sich sagen, dass der Kaffee eine schöne Süße entwickelt hat und leichte Karamellnoten wahrnehmbar waren. Die Fruchtnoten erinnerten uns an Kirsche, Brombeeren und allgemein an süße Früchte. Lediglich die Säure hätten wir uns etwas präsenter gewünscht. Diese war etwas zu zurückhaltend für unseren Geschmack.
Unser Fazit: Für den ersten Natural ist alles relativ gut verlaufen. An der Röstzeit werden wir arbeiten, damit wir etwas zügiger fertig werden. Dann sollte etwas mehr Säure im Kaffee verbleiben und der Kaffee dadurch noch etwas interessanter werden.
Es wird sicher nicht allzu lange dauern, bis der nächste Natural in der Trommel landet…
